the (almost) daily appreciator

Tuesday, November 21, 2006

textual healing: Von Kopf bis Fuss

when i get that feeling
i want textual healing...

...with "Von Kopf bis Fuß" by Christian Senksis

"Der einströmende Wind erweckte die Lunge zu neuem Leben, gleichzeitig aber fraß er die Wärme des Raumes und schied sie als Frieren auf der Haut wieder aus." - Frieren ist hier mal wortwörtlich Scheiße. Der ganze Text ist im Grunde genommen eine Aneinanderreihung solcher Bilder - ich würde ja gerne sagen er übertreibt es diesmal mit seinem Sprachspieltrieb, aber ich gestehe: Ich bin Antialkoholiker - wahrscheinlich ist der Morgen nach einem Rausch nicht nur von Kopfschmerzen geprägt, sondern auch von einer sagen wir mal rauschhaften Wahrnehmung - die ihren Ausdruck hier selbst im Stil wiederfindet. Diese Theorie wird noch durch kursorisches Lesen von Raymond Chandler oder Charles Bukowski - beides bekanntermaßen alte Säufer vor dem Herren - bestätigt.
Die Chandler´schen Metaphern und Similes sind ja legendär, und schon allein Bukowskis Titel sprechen Bände.
Was mich erschreckt ist, dass ich vieles doch wiedererkenne (Biosphären im benutzten Geschirr - die verschiedenen Farben der Schimmelpilzkulturen - hach, Erinnerungen;-)
Ich bin mir nicht sicher ob die Erzählperspektive richtig ist: Erstens ist die mehrmalige Bezeichnung als Untoter irgendwie, ich weiss nicht: Wiederholungsfehler??
Und zweitens wäre die "Entfremdung" zwischen Gehirn-Selbst-Körper-Umgebung etwas wirkungsvoller wenn wir einen Ich-Erzähler hätten - zumal dann die "rauschhaften" Beschreibungen noch mehr zur Geltung kämen.
Was ich, v.a. im Hinblick auf das Ende, interessant finde ist die thematische Geschlossenheit zwischen einigen Geschichten. Man könnte folgende Geschichten in folgender Reihenfolge fast schon als Serie sehen: "Von Kopf bis Fuß" - "Rückkehr ausgeschlossen" - "Erschöpfergeist" - "Poeticus" - "Ein langer Weg" ("RA" vielleicht auch vor "ELW"). "Streitbar" wäre auch nicht ab vom Schuss. Alle verhandeln sie den Alltagstrott von meist "einfachen", kleinbürgerlichen Menschen, die verschiedene Auswege aus dem Alltag nehmen, sich quasi einen Alltagstritt in den Hintern geben, aber meistens an sich selbst oder sonst was scheitern. Als letzte Geschichte würde "Unter blauem Himmel" dem ganzen noch das Sahnehäubchen aufsetzen, indem das "Himmel-auf-den-Kopf-fallen" und "Boden-unter-den-Füßen-verlieren" auf apokalyptische Weise wörtlich genommen wird.
Auch wenn diese Thematik hier noch nicht ausgearbeitet ist, steckt ihr Keim als Vorausschau im letzten Absatz schon drin. Wenn die Geschichten verschiedene Lebensalter beschreiben würde dies in folgender mit obiger Reihenfolge korrespondierender Reihenfolge (aua) geschehen: Anfang 20 (Studium) - erste Krise Anfang/Mitte dreißig - kurz danach bis Ende dreißig - ähnlich wie "EG" - Midlifecrisis, bzw. teils abgefunden mit Kleinbürgerschicksal

4 Comments:

Blogger Unknown said...

Nun habe ich die beiden Herren, die Du da nennst nicht gelesen. Dennoch: Es gibt es wirklich - dieses morgentliche Gefühl, dass Dir sagt: "Heute wärest Du besser nicht aufgewacht." Es folgt ganz gerne dem abendlichen / nächtlichen Gefühl: "Ich muschterben..." Mag sein, dass ich auf dem Untoten als Bezeichnung zu lange rumgeritten bin, aber sich trifft sie die Sache schon ganz gut. Und auch mit der Perspektive könntest Du Recht haben, auf der anderen Seite hätte das ein paar Formulierungen schwierig gemacht, auf die ich dann hätte verzichten müssen aber nicht wollen. (Äh, ist das noch ein grammatikalischer Satz?)
Was noch? Ah ja: Die Einreihung in ein augenscheinliches Gesamtwerk... nun, um ehrlich zu sein, bin ich, zumindest im Augenblick, ganz froh, dass wenigstens ein paar Texte aus diesem Rahmen fallen: Der Maßstab der Zivilisation, Drachen und andere Helden, Immortalitas und, denn da wage ich mal zu widersprechen, Poeticus...
Sollte es sich aber nicht vermeiden lassen, werde ich mich damit rausreden, dass man ja eh am besten über etwas schreibt, womit man sich auskennt... ;o)
Kleinbürgerliche Grüße,
Christian

8:37 AM  
Blogger tomdwayne said...

ich hoffe wenn ich hier kommentare zu deinen schreib, dass du das trotzdem mitkriegst, und in eine debatte einsteigst.
ich hoffe du hast die sache mit der thematischen geschlossenheit nicht wirklich als vorwurf betrachtet, dass du nur über bekanntes schreibst. ich weiss, dass diese sache "gewagt" war, aber durch das schnelle hintereinander lesen all deiner texte, kam es mir so vor...ich bin nicht so blöd alles als autobiografisch zu betrachten.
außerdem was soll das augenzwinkern, glaubst du etwa dass ausgerechnet ICH ein narziss bin, der sich ständig einen runterholt??????????
zum thema "poeticus" - ich gege zu, dass der text sich am rande der thematik befindet - ich muss ihn mir noch mal genauer ansehen, um dir die argumente um die ohren zu hauen:-)
außerdem wieso froh, dass einige texte aus dem rahmen fallen - ist doch nix schlimmes einen eigenen stil, und thematische geschlossenheit zu haben - und um ehrlich zu sein, nach nochmaligem lesen fand ich ebendiese texte (außer vielleicht "immortalitas") am schwächsten - nicht schlecht, nur schwächer als die anderen.
ich muss wohl noch bemerken, dass die meisten sachen, die ich da schreibe eher intuitive eindrücke sind, als wissenschaftlich durchdachte überlegungen.
hoffe auf baldige kommentar-debatte;-)
thomas

4:13 PM  
Blogger Unknown said...

Schon klar... nein, nein - es ist bloß: Wenn das stimmt, was Du da sagst, fühle ich mich irgendwie durchschaut und das möchte ich doch möglichst vermeiden.
Und wieder nein: Der Smiley war lediglich selbstironisch gemeint.
Alles ist gut! ;o)

4:21 PM  
Blogger tomdwayne said...

da eh niemand diesen blog liest, geschweige denn die kommentare, kriegt ja eh keiner was davon mit. außerdem, ich setze hier mein gewichse drauf, ääähh...meine texte, und du hast angst vor selbstentblößung *kofschüttel* durchschaut - pah!
zumal - hast du nicht meine "kritik" von "der lange weg" gelesen, von wegen spiegelung auf dem fernsehbildschirm, und so...wer durchschaut hier wen?

6:18 PM  

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