the (almost) daily appreciator

Monday, November 06, 2006

anderweitig veröffentlicht (von mir): Der schneller schrieb als sein Schatten

das ist ein text den ich für die studentInnen-zeitschrift der philfak der uni koeln - die "philtrat" geschrieben habe, bevor er durch die redaktion gegangen und mein eigenes korrekturlesen gegangen ist - quasi ungekürzt und unver(manchmal schlimm)bessert, allerdings auch mit einigen stilistischen, orthographischen und sonstigen fehlern meinerseits.
enjoy and appreciate.


Der schneller schrieb als sein Schatten

René Goscinny – seines Zeichens Comic-Szenarist, Humorist, Mythopoet, Kosmopolit und Franzose – zum Achtzigsten.

Herauszufinden wie viele Europäer anhand von Goscinnys Werk, v.a. den Asterix-Geschichten, Lesen gelernt, Humor gebildet, Interesse an Mythen (auch des Alltags) und Geschichte(n) geweckt, Liebe zur Sprache und Medienkompetenz entwickelt haben, wäre sicherlich eine von der EU finanzierte Umfrage a la PISA wert. Fest steht jedenfalls, dass er wohl zu den meist( und frühest)gelesenen Autoren Europas, vielleicht sogar der Welt gehört.

Dieses war noch nicht abzusehen, als er am 14. August 1926 als Sohn polnischer Juden in Paris geboren wurde um dann in Argentinien aufzuwachsen. Als er dann im Jahre 1945 nach Amerika ging um für Walt Disney zu arbeiten - wozu es nicht kam – war er also schon ein Weltbürger im besten Sinne.

Dort lernte er Harvey Kurtzman und weitere spätere Autoren und Zeichner des MAD-Magazins kennen. Kurtzman verschaffte ihm denn auch Gelegenheitsarbeiten in der Werbebranche. Außerdem lernte er Maurice de Bévère, später besser bekannt als Lucky-Luke-Erfinder Morris, kennen.

Im Jahre 1950 kehrte er nach Europa zurück, wo er sich anfangs auch noch als Zeichner an einigen eigenen Comicserien versuchte, zum Beispiel die kurzlebige Detektivparodie „Dick Dicks. 1951 lernte er Albert Uderzo kennen, mit dem er später in mehrfacher Hinsicht Geschichte schreiben sollte. Vorher sollten sie aber noch gemeinsame Gehversuche machen, und mit Uderzo als Zeichner und Goscinny als Szenaristen verschiedene Comicserien für verschiedene Publikationen schaffen, unter anderem die auch in Deutschland bekannten Geschichten um den Indianer Umpah-Pah.

1955 dann bat ihn Morris seine schon begonnene Serie „Lucky Luke“ zu schreiben. Mit der Geschichte „Die Eisenbahn durch die Prärie“ – ab diesem Jahr erstmals auch als reguläres Album in Deutschland erhältlich, passend zum Achtzigsten – begann dann diese fruchtbare Zusammenarbeit, die bis zu seinem Tode laufen sollte. In über 30 Alben, mehreren Kurzgeschichten und zwei Zeichentrickfilmen parodierte er historische Ereignisse und Figuren der USA, wie den Run auf Oklahoma, den Pony Express, Jesse James und Billy the Kid, und beschäftigte sich aber vor allem mit dem aus Filmen bekannten Mythos „Wilder Westen“ mit seinen Revolverhelden, Saloon-Schlägereien, Duellen und Ritten in den Sonnenuntergang.

Das Jahr 1959 ist in zweierlei Hinsicht das vielleicht entscheidende Jahr seiner Karriere. Er gründete mit verschiedenen Kollegen zusammen das Magazin „Pilote“, für das er auch bis 1974 als Chefredakteur fungierte. Unter seiner Ägide war dieses Magazin nicht nur ein Forum für sich selber und seine Freunde, sondern auch eine Talentschmiede, die so wichtigen Künstlern der frankobelgischen Comicszene, wie Reiser und Möbius ihre erste Chance gab. Außerdem schuf er selber mit Uderzo zusammen „Asterix“.

Die Geschichten um den Helden Asterix, seinen Freund Obelix und ihr kleines unbeugsames Dorf wurde selber schnell zu einem Mythos, zu einem französischen Trivialepos, und einem unglaublichen internationalen Erfolg – mit Millionenauflagen, der Übersetzung in deutsche Mundarten (Asterix op Kölsch) und Latein, neben all den anderen unbedeutenden lebenden Sprachen und Filmadaptionen, sowohl Zeichentrick als auch Spielfilme.
Aus seiner Feder stammen aber auch die weniger erfolgreichen, dafür aber umso beliebteren „Isnogud“-Geschichten, gezeichnet von Jean Tabary, über den Großwesir, der Kalif anstelle des Kalifen werden wollte – und dabei aber immer kläglichst scheiterte, was ihn trotz seines mörderischen Intrigantentums doch wieder sympathisch machte. Außerdem verfasste er ungefähr 160 Kurzgeschichten um den kleinen Nick und seinen Klassenkameraden, die auf den Kindheitserinnerungen des Illustrators Jean-Jacques Sempé beruhten und Millionen von Kindern, auch in Deutschland, begeisterten.

Als er am 5. November 1977 bei einem Belastungstest an einem Herzinfarkt starb, hinterließ er ein Gesamtwerk, das Tausende von Seiten füllte und Millionen von Lesern, jung wie alt, begeisterte.

1 Comments:

Blogger Unknown said...

Wenn es so etwas überhaupt gibt, ist dies wohl das prototypische Beispiel für einen ironischen Tod. ;o)

2:34 AM  

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